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Irrweg

Bei der Verfolgung Ihres Ziels, Verpackungsabfälle zu verringern, droht die EU über ihr Ziel hinauszuschießen und ein Vorzeigemodell für Kreislaufwirtschaft zu beschädigen: Das Recycling faserbasierter Verpackungen - meint Alexander von Reibnitz, Hauptgeschäftsführer von DIE PAPIERINDUSTRIE e.V.

 


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Die europäische Kommission verfolgt mit ihren Plänen für eine Verordnung zu Verpackungen und Verpackungsabfällen (Packaging and Packaging Waste Regulation PPWR) ein hehres Ziel. Sie will die Mitgliedstaaten verpflichten, die Mengen an Verpackungsabfall pro Einwohner bis 2040 schrittweise um bis zu 15 Prozent zu verringern. Im Fadenkreuz stehen Einwegverpackungen gleich welcher Art. Die Lösung sieht die Kommission in einem eindeutigen Vorrang für Mehrwegverpackungen und verfolgt damit einen Irrweg. Dass Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe komplett rezykliert werden können und damit ein Musterbeispiel für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft sind, scheint Brüssel offenbar zu übersehen.

Der ökologische Vorrang von Mehrwegverpackungen ist nicht pauschal belegt. Mit Mehrwegverpackungen ist ein hoher logistischer Mehraufwand verbunden. Rücknahmefahrten verursachen zusätzliche CO2-Emissionen, binden knappe Logistikkapazitäten und belasten unnötig bereits überlastete Verkehrsnetze. Im Unterschied zu Papier- und Kartonverpackungen, die aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, verbraucht die Herstellung von Mehrwegverpackungen zudem fossile Ressourcen.

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Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe können vollständig recycelt werden. Sie zeichnen sich EU-weit durch eine äußerst hohe Recyclingquote von 82 Prozent aus. Diese Quote wird in Deutschland mit 89 Prozent sogar noch übertroffen. Rund 60 Prozent der gesamten deutschen Papierproduktion von 21,6 Millionen Tonnen (2022) im Jahr sind Verpackungspapiere. Ihre Fasern können mindestens 25-mal rezykliert werden.

Eine Umsetzung der geplanten Mehrwegziele für alle Verpackungen, unabhängig vom verwendeten Material, würde dazu führen, dass ein erheblicher Teil der recycelbaren Papier- und Kartonverpackungen durch Kunststoffverpackungen ersetzt würden. Das würde im Widerspruch zum Aktionsplan der EU zur Kreislaufwirtschaft stehen, der vorsieht, dass bis 2030 alle Verpackungen wiederverwertbar oder recycelbar sein müssen, also eine Gleichwertigkeit von Mehrweg und Kreislauf besteht.

Die an der Wertschöpfungskette faserbasierter Verpackungen Beteiligten lehnen verbindliche Mehrwegquoten ab. Sie fordern, die bereits heute vorbildlich rezyklierten Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe den Mehrwegverpackungen gleichzustellen. In einer Verbändeallianz haben sich dazu DIE PAPIERINDUSTRIE, der Verband der Wellpappen-Industrie VDW, der Fachverband Faltschachtelindustrie FFI, der Verband Vollpappe-Kartonagen VVK, der Wirtschaftsverband Papierverarbeitung WPV, der Industrieverband Papier- und Folienverpackungen IPV, Pro Carton, die Gemeinschaft Papiersackindustrie GemPSI sowie die Fachvereinigung Hartpapierwaren und Rundgefäße FHR zusammengeschlossen und ein Positionspapier formuliert.