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Mit Erdwärme gegen den Klimawandel

Die Papierindustrie ist energieintensiv. Der größte Teil der Energie wird dazu benötigt, dem feuchten Faserbrei, aus dem Papier hergestellt wird, das Wasser zu entziehen. Dazu läuft die noch feuchte Papierbahn über große, mit Dampf beheizte Rollen. Um ihren Energieverbrauch zu reduzieren sucht die Industrie ständig nach neuen, klimafreundlicheren Optionen. In Hagen setzt der Papierhersteller Kabel Premium Pulp & Paper mit seinem Projekt "Kabel Zero" auf die Nutzung von Erdwärme.


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Dazu der zuständige Projektleiter Martin Machnik, Kabel Premium Pulp & Paper / Kabel Zero:
 

Herr Machnik, die Herstellung von Papier benötigt viel Energie. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Zur Papiertrocknung benötigt man Heizdampf. Bei uns kommen rund 12% der Energie aus einer Biomasseanlage, die übrigen 88% werden von einem Kraftwerk in Kraft-Wärme-Kopplung geliefert. Das Kraftwerk wird mit Erdgas betrieben – der Jahresbedarf entspricht ca. 500.000 MWh.

Wie kam ihr Unternehmen darauf, Erdwärme heranzuziehen?

Wir haben den selbstgesetzten Anspruch, nachhaltig zu produzieren. Mit dem Projekt „Kabel ZERO“ kommen wir dem ein gewaltiges Stück näher. Erdwärme steht – je nach Standort - kostenlos zur Verfügung und kann den Einsatz fossiler Brennstoffe reduzieren. Wir gehen aktuell davon aus, dass wir mindestens 40% unseres Wärmebedarfes mit der Erdwärme decken könnten. In Zahlen bedeutet dies pro Jahr: Über 200.000 Megawattstunden weniger Erdgas und bis zu 30.000 Tonnen weniger klimaschädlichen CO2-Ausstoß. Ich sehe Geothermie, da wo sie nutzbar ist, als Energie der Zukunft

Wie funktioniert das konkret?

Zunächst werden zwei Bohrungen niedergebracht. Durch die Förderbohrung steigt heißes Tiefenwasser nach oben. Über Tage wird dem Tiefenwasser die Wärme entzogen und in Prozessdampf umgewandelt. Danach wird das abgekühlte Tiefenwasser über die zweite, die Injektionsbohrung wieder nach unten gepumpt.

Welche besonderen Bedingungen bietet der Standort?

Der geologische Dienst NRW erwartet im Hagener Norden in einer Tiefe von 3200 bis ca. 4100 Metern massige Kalksteine, die eine erhöhte Durchlässigkeit vermuten lassen. Eine regional bedeutende geologischen Störungszone, die Tiefenlage sowie die Mächtig- und Verkarstungsfähigkeit der Massenkalke machen Kabel zum perfekten Pilotstandort für eine hydrothermale Nutzung. An unserem Standort können in Tiefen von 3.200 m bis zu 4.100 m Temperaturen mit bis zu 150 °C genutzt werden. Ähnliche Bedingungen gibt es im Großraum München, wo man Erdwärme schon erfolgreich erschlossen hat.

Gibt es Nachteile?

Es ist vor allem ein wirtschaftliches Risiko, da man trotz aller wissenschaftlichen Untersuchungen nicht mit Bestimmtheit sagen kann, welche „Fündigkeit“ die geothermischen Ressourcen haben. Wenn wir Erfolg haben – und davon gehe ich aus - kann unser Projekt als Blaupause für andere Industriestandorte herhalten. - gag